Das wurde ein Abend voller Überraschungen, bei dem vier Mitglieder des SPD-Ortsvereins für langjährige Mitgliedschaft geehrt wurden. Nicht nur, dass die Verleihung der Willy-Brandt-Medaille für drei von ihnen für ihren Einsatz für die SPD vor Ort vorher nur wenigen Eingeweihten bekannt wurde, es kamen auch Überraschungsgäste und so wurde der Abend für interessante und unterhaltsame Rückblicke genutzt.

Am 16. Dezember veranstaltete die SPD in Bassum ihre Jahresabschlussfeier. Dazu hatte sie ins Gasthaus „Treffpunkt“ eingeladen, in den Raum, in dem vor genau 40 Jahren die Bassumer Jusos gegründet worden waren. Ortsvereinsvorsitzende Dorit Schlemermeyer konnte als Ehrengäste die Unterbezirksvorsitzende Astrid Schlegel, den Bundestagsabgeordneten Dr. Carsten Sieling, den SPD-Landesvorsitzenden Olaf Lies und über 35 Mitglieder begrüßen, denn an diesem Abend wurden Jubiläen für 40- und 25-jährige SPD-Mitgliedschaften gefeiert.

Erinnerungen wurden wach, als Olaf Lies an die Zeit der Eintritte erinnerte: „Ihr habt eines gemeinsam, jeweils 1971 und 1986 war Willy Brandt der Bundesvorsitzende!“, wandte sich Lies an die Jubilare. Lies beschrieb die siebziger Jahre als „Zeit des Aufbruchs, die sich nicht nur im Slogan „Willi wählen“ erschöpft hätten, sondern gleichzeitig eine Hoffnung auf ganz andere Politik darstellten.

Olaf Lies dankte Thomas Neumann für 25 Jahre Parteimitgliedschaft. In diese Zeit fiel zu Beginn die Katastrophe von Tschernobyl, die mittlerweile zu Konsequenzen überall geführt hat.

Lies ging auch auf die Geschichte der langjährigen Jubilare Dr. Christoph Lanzendörfer und Werner Beckmann ein: „Beide sind 1961 zusammen eingeschult worden, haben dann 1971 die Bassumer Jusos gegründet und sind 1976 als jüngste Mitglieder in den Bassumer Stadtrat gewählt worden.“ Werner Beckmann war langjähriger Geschäftsführers des Unterbezirks. Er übernahm diese Position von Peter Gruber und wurde später in Hannover Bezirksgeschäftsführer für Finanzen.

Werner Beckmanns Rückblick

SPD Ortsverein Bassum

Im November 1971 wurde über den SPD Ortsverein Bassum die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten gegründet. Über diese Gründung habe ich mich gefreut und sie war der Orientierungspunkt für meine Mitarbeit in der SPD.
Nach meiner Erinnerung gab es zu diesem Zeitpunkt, neben dem Ortsverein Bassum, noch selbständige Ortsvereine zumindest in Bramstedt und in Neubruchhausen. Einige Jahre, ich meine 1974, gab es auch in Niedersachsen eine Gemeindereform, die dazu führte, dass 16 Orte zu einer Gemeinde vereinigt wurden. Gab es z. B. in Neubruchhausen noch den Wunsch als selbständige Gemeinde in einer Samtgemeinde bestehen zu bleiben, gab es unter Beteiligung der SPD Fraktion die Entscheidung des früheren Stadtrates in Bassum, anstelle der Samtgemeinde eine Einheitsgemeinde zu bilden. Da die Bildung einer Samtgemeinde die Zustimmung aller Einzelgemeinden voraussetzte, war damit entschieden, dass Bassum zu einer Einheitsgemeinde wurde. Der SPD Ortsverein war an der Bildung einer Einheitsgemeinde interessiert, da, so die Einschätzung, die Samtgemeinde den Einfluss der SPD eher reduziere.
War die SPD zunächst mit 10 Ratsmitgliedern im Rat bei 31 Ratsmitgliedern vertreten, so erreichte die SPD 1976 12 Ratsmitglieder, wobei die CDU nach wie vor die absolute Mehrheit behielt.
Die SPD vermittelte sich als eine Kraft, die nur wenige Vertreter hatte, die aber mit ihren Positionen eine besondere Anerkennung in der Bevölkerung fand. Ihre Stärke war die sachliche Auseinandersetzung.
Ich erinnere an den Streit um die Veräußerung der ehemaligen Volksschule an einen Bassumer Kaufmann. Das SPD Ratsmitglied Dieter Schulte machte die Öffentlichkeit auf den nach Meinung der SPD zu geringen Kaufpreis aufmerksam. Die SPD setzte sich dafür ein, dass die größeren Spielplätze in Bassum kindgerechter gestaltet werden; im Bereich der Berliner Straße wurde der Spielplatz durch Mitglieder der SPD neu gestaltet.
Insbesondere die Jungsozialisten setzten sich dafür ein, dass die Freudenburg als selbstverwaltetes Jugendfreizeitheim mit sozialpädagogischer Betreuung genutzt wird. Auch in Nordwohlde, Bramstedt und Neubruchhausen seien Jugendräume notwendig. Eine von Verbänden und Vereinen unabhängige Jugendarbeit gab es in Bramstedt und eine kurze Zeit in Neubruchhausen.
Die Jungsozialisten organisierten die Nachhilfe für Schüler. Dafür, so ist meine Erinnerung, wurde auch ein Klassenraum durch die Stadt bereit gestellt.
Die SPD kümmerte sich um die Beachtung der Belange des Naturschutzes. Sie wehrte sich dagegen dass die Wegeseitenräume von Nutzern der angrenzenden Flächen z. T. abgeholzt wurden oder einfach in die landwirtschaftliche Nutzung einbezogen wurden. Zum Teil wurden Wege durch die Anlieger einfach in die landwirtschaftliche Nutzung einbezogen.
Seitens des Rates wurde eine Wegekommission aus Vertretern der Fraktionen gebildet, die Vorschläge machen sollte, wie mit den Wegeflächen umzugehen ist.
In dieser Zeit war die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit dem Ortsteil ihres Wohnsitzes wesentlich stärker als die Identifikation vermutlich heute ist. Die SPD bemühte sich darum, dass auf dem Wahlvorschlag für die Kommunalwahl möglichst Kandidaten, auch z. T. Nichtmitglieder vertreten waren.

Foto: Jahresabschlussfeier des SPD-Ortsvereins Bassum
Und so hatte der ehemaliger SPD-Landesgeschäftsführer Heino Wiese (stehend) auch nach Bassum gefunden und überreichte Beckmann einen „Willy Brandt-Füllhalter“.

Dann übergab Lies die Urkunden für 40 Jahre Mitgliedschaft an Lanzendörfer und Beckmann und wurde dabei von Bassums Parteivorsitzender unterstützt, die die Nadeln ansteckte.

Aber die Überraschungen an diesem Abend gingen weiter und Lies hatte nicht nur Jubiläumsurkunden dabei, sondern überreichte auch noch eine besondere Ehrung an Lanzendörfer und Beckmann: „Die Willy Brand-Medaille“, eine seltene und in Bassum bisher noch nicht vergebene Ehrung für herausragenden Einsatz für die Partei. Beide nahmen die vom Ortsverein vergebene Auszeichnung sichtlich bewegt entgegen und sogar der wortgewandte Fraktionsvorsitzende musste sich sammeln, bevor er seinen Dank an die Mitglieder übermittelte: „Ohne Euch hätten wir nicht so lange durchgehalten!“

MdB Sieling war nicht nur gekommen, um seine, wie er betonte: „vorläufige“ Betreuung des Wahlkreises zu beschreiben, sondern um seine Kollegin im Sprecherkreis der Metropol-SGK zu ehren. „Manchmal ziehen ja Genossen um und verschwinden in den Mühlen der Organisation“, machte er es spannend. Erst als die Stichworte „Aachen“ und „Berlin“ fielen, wussten alle, wer gemeint war: Sieling überreichte die Urkunde für 25 Jahre Parteimitgliedschaft an Luzia Moldenhauer, die völlig überrascht war. Für ihre herausragende Arbeit auf allen Ebenen bekam sie ebenfalls die „Willy-Brand-Medaille“ und nahm ebenso bewegt die Gratulationen entgegen.

Impressionen

Foto: Jahresabschlussfeier des SPD-Ortsvereins Bassum
Die Jusos Martin Wolle, Jonathan Kolschen, Fitore Prebreza und Paula Moldenhauer überreichten Werner Beckmann und Christoph Lanzendörfer je ein T-Shirt mit dem Juso-Emblem.
Foto: Jahresabschlussfeier des SPD-Ortsvereins Bassum
Die Mitglieder hören die Grußworte von UB-Vorsitzenden Astrid Schlegel.
Foto: Jahresabschlussfeier des SPD-Ortsvereins Bassum
Thomas Neumann verfolgt aufmerksam die Ausführungen des Landesvorsitzenden.
Foto: Jahresabschlussfeier des SPD-Ortsvereins Bassum
Nach dem offiziellen Teil und einem gemeinsamen Essen wurden an den Tischen viele Anekdoten aus der Vergangenheit erzählt.
Foto: Jahresabschlussfeier des SPD-Ortsvereins Bassum
Der Abend klang mit vielen Gesprächen und mit dem gemeinsamen Singen alter Arbeiterlieder aus.