Wenn Kunden nach Produkten fragen, stellt man sich einen Supermarkt vor, vielleicht mit Beratung. In der modernen Politik ist das ganz anders: Da sind „Kunden“ die Bürgerinnen, Schüler oder unsere ganz Kleinen, die Kita-Kinder. Das sind jetzt Kunden.

Und „Produkte“ sind die Kosten für Schulen, Straßen oder auch Baupläne. Das ist so folgenschwer, als wenn wir Ostereier ab jetzt Hühnerprodukte nennen würden. Kann man ja machen, klingt vielleicht auch modern - aber was soll’s?

Geschuldet ist dies dem „Neuen Steuerungsmodell“ in der Kommunalpolitik, das in den 90er Jahren aus der Schweiz auf uns niederschwappte. Gerhard Banner, damals Vorstand bei der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, hat sich dieses Modells in besonders förderlicher Weise angenommen. Zwei Punkte seien Grund für das NSM gewesen:den „Überbietungswettbewerb“ zwischen den Politikern als Wahlversprechen und -geschenk zu verhindern, zudem Haushaltseinsparungen.

Das ganze Wortbrimborium wurde dann später schmückendes Beiwerk.

Durch eine „Outputorientierung“ mit „zentralen Steuerungselementen“ soll Geld gespart werden, die Verwaltung soll effektiver arbeiten. Die sog. „Kundenorientierung“ hat mit dem NSM nichts zu tun und ist der Sand, den man Gläubigen in die Augen schüttet.

Foto: Tastenfeld: Code eingeben; Foto: Moldenhauer
Geben Sie den Code ein, dann bekommen Sie Einblick in die Finanzsteuerung der Kommune.

Im Grundsatzpapier der KGSt heißt es, das neue Modell müsse nun unter Strom gesetzt werden: „Das Mittel dazu ist der Wettbewerb“. Genau diese neoliberale Politik wird mit dem Neuen Steuerungsmodell zementiert. Dabei haben wir erstaunt festgestellt, dass die Anhänger des Neoliberalismus sich auch dort tummeln, wo wir sie bisher nicht vermutet hatten: Die Grünen hier sind mittlerweile Neoliberale, allerdings mit Bio-Obst in der Tasche.

Die Debatte im zuständigen Finanzausschuss war schon etwas bizarr. Alleine, dass sich der Ausschuss für alles zuständig erklärte, überrascht uns. Dabei haben wir auch drei Ausschüsse, die zusätzlich noch andere Mitglieder als solche des Rats haben. Die sollten bewusst komplett ausgeschaltet werden. Kritische Anmerkungen wurden abgewimmelt, 1. Stadträtin Nadermann meinte auf Fragen von uns, die hätten wir ja in den nicht öffentlich tagenden Workshops hinter geschlossenen Türen stellen können. Der öffentlich tagende Finanzausschuss wurde damit offensichtlich zu einer Jubelveranstaltung auserkoren, es fehlten nur noch die „Winkelemente“ oder andere weihevolle Anschaffungen, mit denen Jubel und Freude über das NSM vorgebracht werden durften.

Merkwürdig: Im Rat tauchte dann wieder die Consulting-Firma auf, die das Workshop-Theater begleitet hatte (man munkelt, das könnte so um die € 7.000 gekostet haben).Eigentlich sind solche Informationsveranstaltungen ja für die Fachausschüsse vorgesehen.Dann wurde vom Ratsvorsitzenden um Fragen gebeten. Wir stellten unsere Position vor und schon sprang reflexartig der NSM-Jünger Torsten Eggelmann (Grüne) auf und verbat sich weiteres. Er fand weitere Diskussionen sogar, wörtlich: „blöd“. Ja, genau, wie zu erwarten: Es wurde wieder auf den geheimen, nichtöffentlichen Workshop verwiesen, wo ja alles besprochen worden sei. Früher hatten die Grünen mal so etwas wie die Forderung nach Transparenz vorgetragen und Diskussionen nicht für „blöd“ erklärt. Scheint vom NSM weggespült zu sein. Wozu dann allerdings in die Ratssitzung noch einmal die teure Consulting-Firma gebeten wurde… Wir ahnen es schon, wir wissen es aber nicht.

Mittlerweile hat der Rat der Stadt Bassum fünf „wesentliche Produkte“ beschlossen. Wofür, mit welchem Ziel, welches Ergebnis damit erreicht werden soll…? Wir wissen es auch nicht. Uns ist unsere Zeit für so etwas aber zu schade. Und ob dieser Beschluss dem Gesetz (§ 4, 7 der NdsGHKVo) genügt, wo für jeden Teilhaushalt wesentliche Produkte mit Zielformulierung, Kenn- und Zielzahlen gefordert werden, durften wir auch nicht mehr fragen. Ist aber auch, sagen wir es ganz offen: völlig egal. Es ist reine Zeitverschwendung, sich damit zu beschäftigen. Die Kennzahlen spielten nämlich schon in dem folgenden Beratungspunkt, dem Nachtragshaushalt, genau die Rolle, die ihnen zukommt: Nämlich keine!