Als ich vor etlichen Jahren bei den Landfrauen einen Pressetermin hatte, wurden Bücher mit Lebensläufen von Bäuerinnen vorgestellt. Die Vorsitzende meinte im Anschluss der Veranstaltung zu mir: „Na Frau Schlemermeyer, da fehlt ihnen ja sicher jeder Bezug.“

Ich musste laut lachen, denn ich bin im Januar 1962 auf einem Bauernhof in Ohlendorf in der Samtgemeinde Siedenburg geboren und habe dort die ersten 19 Jahre meines Lebens verbracht. Das Buch hieß „ Und immer regnet es zur falschen Zeit…“ und ich habe es später meiner Mutter geschenkt, die fast ihr ganzes Leben auf dem Bauerhof verbracht hat.

Was schön ist an dieser Kindheit sind die Freiheit und der Freiraum. So legten meine Schwester und ich im Sommer, den wir von morgens bis abends im Freien verbrachten, gern Trimmpfade an oder wanderten zum Bach um auszutesten, ob eine Plastikbadewanne ein Boot ersetzen kann. Sonntags wurden übrigens noch Sonntagskleider getragen z.B weißer Faltenrock mit hellblauem Strickpullover und es hieß immer: „Macht Euch bloß nicht dreckig." Wenn ich in Ruhe nachdenken wollte, ging ich zu meiner Lieblingsstelle am Bach.

Foto: Edda Husmann, Dorit Schlemermeyer
Meine Schwester und ich sind bis heute eng verbunden und unternehmen viel zusammen.

In Ruhe nachdenken? Als ich nach dem Abitur, das ich am Sulinger Gymnasium machte, nach Kiel ging um Lehramt zu studieren, war genau das ein Problem. In unserer Studentenbude in der Holthenauer Straße kehrte auch nachts keine Ruhe ein und es dauerte lange, bis sich mein Landgehör auf die Stadtgeräusche eingestellt hatte. Genauso lange dauerte es dann auch wieder, bis ich in den Ferien trotz der Landstille schlafen konnte. Nach zwei Jahren war meine Kieler Zeit vorerst vorbei, da ich mein Lehramtsstudium abbrach: Mir waren die Inhalte viel zu theoretisch, aber von Kiel ist mir die Liebe zum Meer geblieben und es freut mich, dass wir unsere Klausurtagungen auf Spiekeroog machen.

Foto: Dorit Schlemermeyer
Seit 4 Jahren bin ich aber auch ein echter Fan von Fehmarn.

Dann der abrupte Bruch: Vom Studium wechselte ich als Arbeiterin in die Lloyd-Schuhfabrik und arbeitete dort ein Jahr im Akkord, bis ich bei Hertie eine Aus- und Weiterbildungsstelle zur Substitutin antrat, die mich o Wunder ein weiteres Mal nach Kiel führte. Das zweite Jahr fand dann in Stuttgart statt und wir alle hatten eine schöne Zeit: drei Wochen arbeiten, eine Woche Blockunterricht. In Kiel hieß die Kneipe „Hinterhof“ und in Stuttgart „Dächle“, in die wir gerne nach der Arbeit gingen.
Nach zwei Jahren war ich also stellvertretende Abteilungsleiterin und die Geschäftsführung bot mir eine Stelle im großen Münchner Haus an. Allerdings kannte ich da schon meinen späteren Mann und so wurde es dann Hamburg, nein leider nicht das Alsterhaus, sondern Hamburg-Barmbeck.
Von da wechselten wir nach Bremen und ich arbeitete erst als Substitutin und später als Abteilungsleiterin bei Wertkauf in Bremen, bis die Kinder kamen und ich dachte, dass ich mein Hausfrau- und Muttersein wohl mehr genießen würde

Aber um ehrlich zu sein: Mir fehlten die Herausforderungen und die Gesellschaft anderer und so bin ich dann 1991, ein Jahr nach der Geburt meiner ersten Tochter, in die SPD eingetreten und zwar zu einer sehr turbulenten Zeit, denn in Bassum Karrenbruch war der Bau eines Asylantenheims geplant.
Nach einer Weiterbildung in Bürokommunikation arbeite ich seit 11 Jahren in Teilzeit für den GEW Kreisverband in Syke und seit 12 Jahren als freie Mitarbeiterin zuerst für die Kreiszeitung und jetzt für den Weserkurier und manchmal als Aushilfe auf Cathleen Schorlings Hof.

So zähle ich also zu den Menschen, die mehrere Jobs haben um über die Runden zu kommen und so ist es mir wichtig, dass der Wert menschlicher Arbeit endlich anerkannt wird durch einen gerechten Mindestlohn.
In der SPD habe ich meine politische Heimat gefunden und würde mich freuen, wenn noch mehr Leute mit uns Seite an Seite für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität kämpfen würden

Wenn dann noch Zeit übrig ist, höre ich gerne Musik (Hardrock oder Klassik) oder lese Krimis oder gehe tanzen im Aladin oder treffe mich zum Walken.

P.S.: Für die Leute, die leichtfertig Spitznamen vergeben: Die Rote Zora ist die Heldin eines Kinderbuches von Kurt Kläber, das 1941 erschien. Sie ist die rothaarige Anführerin einer Kinderbande, die sich zusammengeschlossen haben, um zu überleben. Ihr oberstes Gebot heißt Solidarität.